Moers

Ein verlassener Ort mitten in der City

ENNI überprüft Unterführung am Königlichen Hof

„Alte“ Moerser werden sich erinnern: Bis zum Jahr 1988 wechselten Fußgänger die Straßenseite am Königlichen Hof nicht mithilfe einer Ampel, sondern nutzten dazu eine Unterführung. Was kaum einer weiß: Der gut 30 Meter lange Tunnel unter dem „Kö“ ist nach wie vor intakt, die Stadt Moers ließ seinerzeit nur die Treppenabgänge zuschütten und zumauern. Zuständig für das Bauwerk ist seit 2015 die ENNI Stadt & Service (ENNI), die hier nun turnusgemäß erstmals nach dem Rechten sah und die Bausubstanz von einem externen Ingenieurbüro überprüfen lässt. „Auf den ersten Blick ist der Zustand hervorragend“, sagen die ENNI-Vorstände Hans-Gerhard Rötters und Lutz Hormes sowie Thorsten Kamp, Technischer Beigeordneter der Stadt Moers, die es sich nicht nehmen ließen, bei der Begehung dabei zu sein. „Es ist etwas Besonderes, diesen seit rund 30 Jahren verlassenen Ort mitten in der Moerser Innenstadt zu besuchen.“
Richtig glücklich waren die Moerser mit ihrem Fußgängertunnel wohl nie gewesen. Laut alter Zeitungsberichte hatte sich die Unterführung nach ihrer Eröffnung 1972 schnell als Kostentreiber erwiesen. Die Rolltreppen waren immer wieder ausgefallen, der Tunnel häufig Opfer von Vandalismus gewesen. 1983 beschloss der Moerser Bauausschuss, die Rolltreppen abzubauen und stattdessen die Treppen zu verbreitern. 1987 ließ die Stadt die Unterführung probehalber sperren und ein Jahr später die Treppenabgänge zumauern. Heute, gut 30 Jahre später, ist die Begehung entsprechend aufwändig. Bevor die ENNI-Mitarbeiter durch einen Schacht in den Tunnel absteigen, müssen sie Sauerstoffgehalt und Methanwert messen und für eine ausreichende Belüftung sorgen. Mit Schutzausrüstung und Taschenlampen geht es dann die Sprossen hinab. Auf dem Boden der Unterführung haben sich nur wenige Zentimeter Wasser gesammelt, die die ENNI mit einem Saugwagen schnell trocken legt. In den seitlichen Schaukästen, in denen Moerser Modegeschäfte einst ihre Ware präsentierten, finden die Mitarbeiter stumme Zeitzeugen: leere Bierflaschen mit einem Haltbarkeitsdatum bis April 1989. Ein Plakatrest an der weiß gefliesten Wand macht Werbung für ein Konzert im Januar 1988. „Wer den Tunnel von damals kennt, macht im Kopf eine Zeitreise“, so Rötters, der sich die Unterführung nicht zurückwünscht. „So spannend diese Moerser Unterwelt auch ist – an der frischen Luft über die Ampel zu gehen, ist doch wesentlich komfortabler.“
Nun bleibt abzuwarten, wie das beauftragte Ingenieurbüro das Bauwerk bewertet, das nach Abschluss der Untersuchung eine Note und ein Prüfsiegel bekommt. Danach macht die ENNI im wahrsten Sinne des Wortes für einige Jahre wieder den Deckel drauf.
 

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