Unternehmerstammtisch der Volksbank
Volksbank-Chef Guido Lohmann fordert Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Gastreferent Rolf Schmiel sagt: Fachkompetenz ist digitalisierbar – Menschlichkeit nicht

Im Anschluss an seine Begrüßung spannte Guido Lohmann zunächst einen Bogen von der Weltwirtschaftslage über Europa bis hin zur konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Er bescheinigte der deutschen Wirtschaft eine unverändert stabile Verfassung und auch die Wachstumsprognosen für die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer seien durchweg sehr positiv. Aber der Finanz-Experte warnte: „Unser Wirtschaftswachstum 2017 von 2,2 % ist im europäischen Vergleich ohne Zweifel ein Spitzenwert, aber unsere Erfolge basieren zu einem nennenswerten Teil auf äußeren Einflussfaktoren, die von uns nicht gesteuert werden können.“ Damit hob Lohmann auf das historische Zinstief, den Ölpreis sowie die Kursentwicklung des Euro ab. Besorgt zeigte sich Lohmann über die dramatische Ausweitung des globalen Schuldenstandes. In 2017 sei es weltweit erneut zu einer exorbitanten Neuverschuldung der Staaten gekommen. Zudem seien Unternehmensanleihen mit einem Gesamtvolumen von 3,7 Billionen Euro am Markt platziert worden. Eine vergleichbare Schuldendynamik habe es zuletzt 2006 gegeben, im Jahr darauf folgte der Kollaps der Finanzmärkte. Kritisch für die deutsche Volkswirtschaft sieht Lohmann auch die Entwicklung des europäischen Zahlungsverkehrssystems TARGET2. Über das Target-System finanziere die Bundesbank Teile der Leistungsbilanzdefizite vieler EU-Krisenländer. „Die Bundesbank stellt den Südländern quasi ihre Platin-Kreditkarte zur Verfügung, um deutsche Exporte zu bezahlen. Ob die daraus entstehenden Forderungen von Ländern wie Italien oder Griechenland jemals zurückgezahlt werden, ist zumindest mehr als fraglich.“ Mittlerweile hätten die deutschen Forderungen aus den Target-Salden die schwindelerregende Höhe von knapp einer Billion Euro erreicht. Die EU müsse endlich Strukturreformen angehen und beschleunigen. Außerdem sollten die Regierungen bei der derzeitigen guten Konjunkturlage rasch beginnen, Puffer für die Zukunft einzubauen, um sich auf kommende Krisen vorzubereiten. Eine Reduzierung der Schuldenstände sei dafür unabdingbar. Mit Sorge beobachtet Lohmann den drohenden Handelskrieg zwischen den USA, Europa und China. Er sprach sich eindringlich dagegen aus, neue Handelsschranken aufzubauen und warnte vor einer weiteren Eskalation durch die gegenseitige Verhängung von Strafzöllen. „Protektionismus schadet dem freien Welthandel und führt unweigerlich zu Belastungen des globalen Wirtschaftswachstums mit vielleicht unabsehbaren Folgen.“ Mit Blick auf Deutschland sieht der Volksbank-Chef mehr denn je Handlungsbedarf wegen des sich abzeichnenden demografischen Wandels, der sich in einer rückläufigen Bevölkerungszahl bei zugleich steigender Lebenserwartung widerspiegele. „Wir werden nicht umhinkommen, längere Lebensarbeitszeiten in neuen Umsetzungsmodellen zu realisieren.“ Dabei sei keine Zeit zu verlieren, weil sonst zu Lasten der jungen Generationen die später erforderlichen Anpassungen umso einschneidender ausfallen würden. Auch die hohe Steuer- und Abgabenquote gerade in den unteren Einkommensschichten verhindere dort die so dringend notwendige zusätzliche private Altersvorsorge. „Wenn nicht jetzt, wann entlasten wir denn dann endlich die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen durch eine spürbare Senkung von Steuern und Abgaben“, mahnte Lohmann. Stattdessen belaste die Politik aus Brüssel und Berlin lieber Unternehmen, Vereine und Ehrenamtler mit der neuen EU-Datenschutzgrundordnung. „Dieses weltfremde bürokratische Monster ist ein Handlungspaket zu Lasten der Wirtschaft und des Ehrenamtes“, sagte Lohmann zum Abschluss seines mit viel Beifall bedachten Vortrages.

