Im Bundeskabinett beschlossen: Agrarpolitische Standortbestimmung
Alle vier Jahre informiert der Agrarpolitische Bericht über die Situation der deutschen Landwirtschaft. Der diesjährige zeigt: Die Landwirtschaft befindet sich infolge der aktuellen Krisen – wie Klimakrise und Artensterben – sowie Kriegen und Konflikten in einer sehr herausfordernden Situation. Die Politik muss verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit schaffen.
Im Rahmen des sogenannten „Apfelkabinetts“ hat die Bundesregierung am Mittwoch den agrarpolitischen Bericht beraten.
Der Agrarpolitische Bericht zeigt, dass unsere Landwirtschaft ein Wirtschaftszweig von existenzieller Bedeutung für uns alle ist und zugleich einem starken Strukturwandel unterliegt. Rund eine Million Menschen erzeugen derzeit in 263.000 landwirtschaftlichen Betrieben unsere Nahrungsmittel. Die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft zusammen mit den ihr vor und nachgelagerten Bereichen liegt bei knapp 218 Milliarden Euro.
Die Landwirtschaft nachhaltiger und krisenfester machen
Die weltweit gleichzeitig auftretenden Krisen, wie die Klimakrise und das Artensterben, Kriege und Konflikte stellen die Landwirtschaft und die globale Ernährungssicherung vor große Herausforderungen. Daraus leitet sich die Notwendigkeit an die Politik ab, die Transformation der Landwirtschaft hin zu verstärktem nachhaltigem und resilientem Wirtschaften zu unterstützen. So können die Betriebe dauerhaft eine gute und angemessene Ernährung sichern, Umwelt, Tiere und Klima schützen – und für die Landwirtinnen und Landwirte bleibt ihre Arbeit ökonomisch tragfähig.
Der Agrarbericht benennt die in diesem Zusammenhang wichtigen agrarpolitischen Themenfelder. Das sind zum Beispiel der Umbau der Tierhaltung, die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Anpassung an die Klimakrise, 30 Prozent Öko-Landbau und faire Preise.
Regional und von hoher Qualität: Apfelköniginnen und junge Obstbauern überreichen den Kabinettsmitgliedern Äpfel aus heimischen Anbaugebieten.
Foto: Bundesregierung/Denzel
Wichtig, um krisenfester zu werden, sind auch der Umbau der Wälder und der Schutz der Moore, der nachhaltige Einsatz moderner Technologien sowie der Ausbau der digitalen Infrastruktur in der Landwirtschaft. Zudem setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass im Rahmen der europäischen Agrarpolitik Gemeinwohlleistungen der Betriebe für Klima und Umwelt stärker honoriert werden.
Der Agrarpolitische Bericht 2023 wurde im Rahmen des sogenannten „Apfelkabinetts“ beschlossen. Den Kabinettsmitgliedern wurden Äpfel aus heimischen Anbaugebieten überreicht. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung regionaler Erzeugnisse von hoher Qualität. Äpfel sind mit über 22 Kilogramm/Kopf das beliebteste Obst der Deutschen. Auf Äpfel entfallen fast 67 Prozent der gesamten Baumobstanbaufläche Deutschlands.
Ausgewählte Daten zur Situation der Landwirtschaft
Aufgabe der Politik ist es, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die landwirtschaftlichen Betriebe auch in Zukunft erfolgreich wirtschaften können. Die Zahlen und Daten des Agrarpolitischen Berichts unterstreichen dieses Erfordernis
Dazu sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: „Unser Bericht legt offen, dass die Politik des ‚Wachse oder Weiche‘ einen starken Strukturwandel befeuert hat. Viel zu viele Höfe mussten aufgeben. Unsere Landwirtinnen und Landwirte sind zu Veränderungen bereit, brauchen aber Planungssicherheit. Mein Ministerium unterstützt dabei, Schützen und Nutzen in Einklang zu bringen.“
Einige ausgewählte Daten:
- Der Strukturwandel in der Landwirtschaft setzte sich in den letzten vier Jahren fort – aber verlangsamte sich. Die Anzahl der Betriebe – wie auch die der Beschäftigten – ging seit 2010 um jeweils etwa 13 Prozent zurück. Jetzt arbeiten in etwa 263.000 landwirtschaftlichen Betrieben knapp eine Million Menschen.
- Bei rückläufiger Zahl der Betriebe hat die durchschnittliche Betriebsgröße zugenommen – auf aktuell rund 63 Hektar je Betrieb. 2010 waren es im Durchschnitt 56 Hektar.
- Im Jahr 2021 trug die Landwirtschaft (einschließlich Fischerei) etwa 0,9 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft bei. Es wurden Waren im Wert von 59,3 Milliarden Euro erzeugt. Die Schätzung für 2022 liegt bei 74,5 Milliarden Euro.
- Die Landwirtinnen und Landwirte verzeichneten in den letzten Jahren erhebliche Einkommensschwankungen. Diese waren bedingt durch Witterungseinflüsse, die Corona-Pandemie und insbesondere den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen.
- Immer mehr Betriebe stellen auf Öko-Landwirtschaft um. Ende 2022 gab es knapp 37.000 Bio-Höfe in Deutschland, das sind rund 14 Prozent aller Betriebe.
- Die Konkurrenz auf dem Bodenmarkt nimmt seit 20 Jahren stetig und erheblich zu. Bundesweit sind die Kaufpreise seit 2011 bis 2021 um rund 150 Prozent gestiegen – die Pachtpreise zwischen 2010 und 2020 um etwa 62 Prozent. Besondere Schwierigkeiten an Agrarflächen zu gelangen haben Existenzgründerinnen und Existenzgründer.
- Nach wie vor wird in der Landwirtschaft die Arbeitsleistung überwiegend von Unternehmern und ihren Familienangehörigen erbracht. Zu diesen rund 436.000 Familienarbeitskräften (47 Prozent) kommen ca. 230.000 ständig angestellte Arbeitskräfte und etwa 272.000 Saisonarbeitskräfte hinzu. Die Zahl der Familienarbeitskräfte ist weiterhin rückläufig.
- Der Generationenwechsel bereitet Schwierigkeiten, da viele Betriebe keine Hofnachfolge finden.
- Die Tierbestände nehmen ab – zugleich halten die strukturellen Veränderungen hin zu spezialisierten Betrieben mit großen Beständen an. 2020 gab es rund 170.000 Betriebe mit Viehhaltung, rund 22 Prozent weniger als 2010. Die Zahl der Schweine haltenden Betriebe hat sich von 2010 bis 2020 von rund 60.000 auf 32.000 fast halbiert.
Foto: Bundesregierung/Denzel