Politik

Reiches Forderung nach längerer Lebensarbeitszeit ist kein Reformvorschlag, sondern eine Frechheit

Reiches Forderung nach längerer Lebensarbeitszeit ist kein Reformvorschlag, sondern eine Frechheit

Deutliche Kritik übt Jan Dieren, der SPD-Bundestagsabgeordnete für die Menschen in Moers, Krefeld und Neukirchen-Vluyn, an der jüngsten Forderung von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, die Lebensarbeitszeit zu verlängern. 

Dieren, der auch stellvertretende Sprecher seiner Fraktion für Arbeit und Soziales ist, sagte dazu: “Die Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit ist ideologisch bequem, aber praktisch lebensfern. Wer ernsthaft meint, man könne das Rentensystem dadurch retten, dass Menschen noch länger schuften, kennt die Lebenswirklichkeit von Millionen Beschäftigten nicht. Viele arbeiten schon heute über ihre Belastungsgrenze hinaus – ihnen jetzt auch noch den Ruhestand zu verkürzen, ist eine Frechheit.”

Die Ministerin hatte unter anderem behauptet, die Menschen verbrächten ein Drittel ihres Erwachsenenlebens in der Rente. Für Dieren entbehrt dies jeder Grundlage: “Gerade Beschäftigte, die körperlich hart arbeiten, sterben oft wenige Jahre nach Renteneintritt. Für sie ist der Ruhestand kein langer Feierabend, sondern oft eine kurze Phase der Erholung – wenn überhaupt.” Es sei Aufgabe der Bundesregierung, den Menschen nach Jahrzehnten harter Arbeit einen fairen und gesunden Ruhestand zu ermöglichen, so Dieren.

Einig mit der Ministerin ist Dieren aber darin, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Reformvorhaben nicht ausreichen – allerdings aus völlig anderen Gründen: “Das jetzige System ist nicht gerecht. Aber statt noch mehr Druck auf die Schultern derer zu laden, die ohnehin alles geben, müssen wir endlich diejenigen stärker beteiligen, die sich bislang einen schlanken Fuß machen.”

Konkret schlägt Dieren dafür drei Maßnahmen vor: Erstens müssen eine Erwerbstätigenversicherung geschaffen werden, in die alle einzahlen – auch Selbstständige, Ärzt:innen, Beamt:innen und Politiker:innen- also Bevölkerungsgruppen mit in der Regel höheren Einkommen.

Zweitens fordert er, Steuerhinterziehung konsequent zu verfolgen: “Jedes Jahr werden in Deutschland über 100 Milliarden Euro hinterzogen. Dieses Geld fehlt – auch in der Rentenkasse.” Und drittens brauche es bessere Löhne und Arbeitsbedingungen: “Gute Löhne sorgen für gute Renten. Wir brauchen mehr Tarifbindung, einen höheren Mindestlohn und vor allem bessere Möglichkeiten, von Teilzeit in Vollzeit zu wechseln – besonders für Frauen. Die Strategie “mehr Arbeit” ist keine Zukunftsvision, sondern bürdet denen noch mehr gesellschaftliche Lasten auf, die ohnehin schon viel zu tragen haben. Wer eine gerechte Rente will, muss sich trauen, strukturell umzuverteilen – nicht einfach die Belastung nach unten weiterreichen.”

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