Kreis Wesel setzt Zeichen gegen Gewalt gegen Pflegebedürftige in der Häuslichkeit
Anlässlich des kreisweiten Veranstaltungs- und Aktionsprogramm zum diesjährigen Orange Day lud der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt im Kreis Wesel zu einer Fachveranstaltung ein, die sich zwei dringenden Themen widmete: der Gewalt gegen pflegebedürftige Menschen in häuslicher Umgebung sowie den Möglichkeiten und Herausforderungen der Täterarbeit im Landgerichtsbezirk Duisburg.
Die Veranstaltung wurde durch den Schirmherrn, Landrat Ingo Brohl, eröffnet. In seiner Rede hob Brohl die alarmierenden Zahlen aus der Kriminalstatistik hervor: 2023 wurden in Nordrhein-Westfalen über 60.000 Fälle häuslicher Gewalt zur Anzeige gebracht, ein Anstieg von 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bundesweit registrierte das Bundeskriminalamt über 256.000 Fälle, wobei 70 Prozent der Opfer Frauen waren.
Pflegebedürftige Menschen seien besonders gefährdet, erklärte Brohl, da ihre Abhängigkeit von Unterstützungsmöglichkeiten oft den Schutz erschwere. In diesem Kontext würdigte er die langjährige Arbeit des Netzwerks, das seit dem Jahr 2000 zahlreiche Akteure wie Beratungsstellen, Polizei, Justiz und Gesundheitswesen vereint.
Die Fachvorträge, organisiert mit Unterstützung des Arbeitskreises Alterspsychiatrie im Kreis Wesel und des Caritasverbands Oberhausen, beleuchteten sowohl die Präventionsarbeit als auch innovative Ansätze in der Täterarbeit. „Gewaltfrei – Täterarbeit“, ein Projekt des Caritasverbands, demonstrierte beispielhaft, wie langfristige Strategien zur Prävention und Vernetzung in der Region etabliert werden können.
Ein besonderes Signal setzte der Kreis Wesel mit der Ankündigung einer neuen Fachstelle zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Diese soll unter der Leitung von Sozialdezernent Ralf Berensmeier die Arbeit des Runden Tisches und weitere Maßnahmen institutionell verankern.
Lilian Spogahn, Geschäftsführerin des Runden Tisches und Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Wesel, betonte: „Die kontinuierliche Zusammenarbeit verschiedener Institutionen ist essenziell, um Betroffenen effektiv zu helfen und präventive Maßnahmen zu stärken. Unsere gemeinsamen Anstrengungen zielen darauf ab, ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk zu schaffen, das den individuellen Bedürfnissen gerecht wird.“
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die Bedeutung des geplanten bundesweiten Gewaltschutzgesetzes hervorgehoben, das einen Rechtsanspruch auf Beratung und Versorgung fürBetroffene vorsieht. Dieses Gesetz zielt darauf ab, den Zugang zu Schutz und Beratung für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder bundesweit sicherzustellen. Das Netzwerk Runder Tisch gegen häusliche Gewalt begrüßt ausdrücklich diese Initiative, da sie einen einheitlichen Rechtsrahmen für die verlässliche finanzielle Absicherung des Hilfesystems schafft und dessen bedarfsgerechten Ausbau auch hinsichtlich weiterer Zielgruppen fördert.
Der Kreis Wesel bekräftigte zudem seine Absicht, Angebote wie die Täterarbeit weiterhin zu fördern. Voraussetzung hierfür ist, dass das Land Nordrhein-Westfalen seiner Verpflichtungnachkommt und ab 2025 die entsprechende Förderung fortsetzt. Eine kontinuierlicheUnterstützung durch das Land ist essenziell, um nachhaltige Präventionsarbeit zu gewährleisten und den Schutz von Betroffenen langfristig sicherzustellen.
Die Veranstaltung zeigte, dass der Kreis Wesel entschlossen ist, häusliche Gewalt und ihrevielfältigen Erscheinungsformen in den Fokus zu rücken. Mit den neu geschaffenen Strukturen und dem Engagement zahlreicher Akteure werden weitere Schritte für eine gewaltfreie Gesellschaft eingeleitet.
Der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt im Kreis Wesel setzt sich seit dem Jahr 2000 für den wirksamen Schutz von Frauen und Kindern vor häuslicher Gewalt ein. Zu den Leitlinien gehören die Verurteilung der Gewalttat, die Vernetzung relevanter Institutionen und aktive Öffentlichkeitsarbeit. Das Netzwerk umfasst Beratungsstellen, Frauenhäuser, Gleichstellungsstellen, Polizei, Justiz, Jugendämter und das Gesundheitswesen, die gemeinsam daran arbeiten, Betroffenen Unterstützung zu bieten und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.
v.l.: Albert Sturtz von der Fachberatung Demenz Grafschafter Diakonie, Gleichstellungsbeauftragtedes Kreises Wesel Lilian Spogahn, Gerontopsychiatrische Beratungsstelle des St. Vinzenz Hospital in Dinslaken Kirsten Bovenkerk, Charlene Vogt von der Caritas Oberhausen, Landrat Ingo Brohl, Jan Balzer von der Caritas Oberhausen.