Deutschland

Brücken im Rheinland – Mehr Geschwindigkeit bei Planung und Bau nötig.

Der Zustand der Brücken im Rheinland zwischen Emmerich und Bonn ist sowohl mit Blick auf die Zustandsnote als auch auf den Traglastindex (TLI)1 kritisch. Die schnelle, flexible und effiziente Mobilität von Gütern und Personen ist Grundvoraussetzung für die Sicherung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts Rheinland. Dabei spielen insbesondere intakte und leistungsfähige Brücken eine besonders systemrelevante Rolle.

Vor dem Hintergrund haben die IHKs im Rheinland gemeinsam mit dem Institut für Straßen- wesen (ISAC) der RWTH Aachen die verfügbaren Daten von Brücken in der Baulastträgerschaft von Bund und Land NRW ausgewertet. Im Ergebnis (Stand 2022) haben 663 Brücken im Rheinland Traglastindex IV und 343 Brücken Traglastindex V. Wo regionale Schwerpunkte im Rheinland liegen, kann auf der interaktiven Karte (https://bruecken.isac.rwth-aachen.de) nach- vollzogen werden.

Es besteht somit ein erheblicher Instandhaltungsbedarf, der auch von der Straßenbauver- waltung erkannt wurde. Aufgrund starrer Verfahren, langer Verfahrensdauern und fehlender Personalkapazitäten ist allerdings zu befürchten, dass trotz einer Priorisierung der Projekte für die Instandhaltung zahlreiche Brücken abgelastet oder für den Verkehr gesperrt werden müs- sen, wie es etwa bei der Leverkusener Rheinbrücke (A1) oder der Rahmedetalbrücke (A45) der Fall ist. Dies hat für Lkw-Verkehre und Pendlerinnen und Pendler erhebliche Auswirkungen und führt zu unternehmerischen sowie volkswirtschaftlichen Kosten und Umweltschäden. Um diese Szenarien zu vermeiden, haben die IHKs im Rheinland gemeinsam mit der RWTH Aachen Hand- lungsempfehlungen u.a. zur Planungsbeschleunigung, Erhöhung der Haltbarkeit von Infrastruk- tur und Verkehrsmanagement entwickelt, die im Folgenden dargestellt werden.

1 Definition des Traglastindex (TLI) laut Bundesanstalt für Straßenwesen: https://www.bast.de/DE/Ingenieurbau/Fachthemen/b4-traglastindex/Traglastindex.html

©IHK Aachen/Ralf Roeger

Ein verbindlich standardisiertes Building Information

Modeling-Verfahren (BIM) zum übergreifenden Einsatz in Planungs-, Genehmigungs-, und Bauphase der Bauwerke gilt es bei allen Projekten baulast- trägerübergreifend anzuwenden.

1. Digitalisierung von Planung, Genehmigung und Bau

Die Digitalisierung und die Vernetzung digitaler Systeme und Prozesse können dazu beitragen, Verfahren zu verstetigen, Synergien zu schaffen und Prozesse zu beschleu- nigen. Diese Potentiale sind daher stärker auszuschöpfen. Ein verbindlich standardi- siertes Building Information Modeling-Verfahren (BIM) zum übergreifenden Einsatz in Planungs-, Genehmigungs-, und Bauphase der Bauwerke gilt es bei allen Projekten

baulastträgerübergreifend anzuwenden. Um zu gewährleisten, dass die Potentiale eines BIM-Systems voll zum Tragen kommen, sollten alle Projektbeteiligten in ein solches System integriert und die Nutzung verbindlich geregelt werden. Somit ließen sich Pro- jektabschnitte transparent und vorausschauend planen und standardisiert verwalten.

Straßenbaulastträger müssen auf allen Ebenen in die Lage versetzt werden, mit den digitalen Tools und Programmen (die auch die Wirtschaft nutzt) arbeiten zu können. Es muss vermieden werden, dass beispielsweise eine Firma in 3D plant, die entspre- chende Behörde aber nur 2D verarbeiten kann. Hier muss die Digitalisierung auf allen Ebenen verstärkt angegangen werden.

Relevante Kenndaten zu Brückenbauwerken der verschiedenen Baulastträger müs- sen allen Beteiligten auf einer harmonisierten Datenbasis bereitgestellt werden. Dies betrifft insbesondere die Zustandsnote auf Basis DIN 10762 und den Traglastindex der verschiedenen Baulastträger. Ziel muss sein, alle relevanten Daten in eine einheit- liche und übergreifende Datenplattform zu überführen. Bedeutet: alle anstehenden Baumaßnahmen, Überprüfungskriterien, Zustandsbeurteilungen, Auslastungsniveaus, Planungs- und Genehmigungsunterlagen, wie zum Beispiel Gutachten etc. müssen digitalisiert zur Verfügung stehen und für alle Baulastträger abrufbar sein. Dadurch wären alle Informationen zu den Brücken in einer einheitlichen und vergleichbaren Form vorhanden und für die entsprechenden Stakeholder zugänglich. Dies bietet die Grundlage für ein baulastträgerübergreifendes, abgestimmtes Planen und Realisierung von Brückensanierung und -neubau.

2  Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN 1076 Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen – Überwachung und Prüfung. Beuth Verlag, Berlin, November 1999.

2.      Planungsbeschleunigung

Ersatzneubau ohne erneute Planfeststellung und ohne erneute Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Besteht für einen Verkehrsabschnitt bereits ein gesetzlicher Planungsauftrag, sollten einzelne (Brücken-) Bauwerke ohne weitere Betrachtung entsprechend angepasst bzw. ausgebaut werden können, so wie es schon bei reinen Ersatzneubauten ohne erneute Planfeststellung möglich ist. Bei Ersatzneubauten sollte auf eine erneute Umweltver- träglichkeitsprüfung verzichtet werden. Hierzu sind das Planbeschleunigungsgesetz

III (PlBeschlG III, 2020) sowie das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG, 2020) anzuwenden bzw. zu erweitern. Das erleichtert und beschleunigt die Planung erheblich. Zusätzlich sollten alle an der Planung beteiligten Instanzen möglichst viele Prozesse parallel angehen und voranbringen (durch BIM-System), sodass darüber ebenfalls eine beschleunigte Planung erfolgen kann.

©Olaf-Wull Nickel

Vergabe vereinfachen

Für besonders kritische Bauvorhaben, beispielsweise in jenen Fällen, in welchen eine akute Gefahrensituation vorliegt, der volkswirtschaftliche Schaden nicht tragbar wäre und die Notwendigkeit eines Ersatzneubaus nicht vorhersehbar war, sowie für neuralgische Bauwerke mit einer sehr hohen verkehrlichen Bedeutung im Netz, sollte ein vereinfachtes Vergabeverfahren („Fast-Track“) gelten. Dieses könnte gegebenen-

falls von einem Sonderbeauftragten überwacht werden, insbesondere mit Blick auf die Einhaltung von Transparenz und fairem Wettbewerb.

Für alle weiteren Bauvorhaben sollten funktionale Ausschreibungen genutzt werden. Planung und Bauleistung können so gemeinsam an ein Baukonsortium vergeben wer- den, in dem intern der optimale Ablauf von Planungs- und Bauleistungen abgestimmt werden kann.

Fristen für die Verwaltung einführen

Planverfahren setzen für externe Beteiligte klare Fristen für die Einreichung von Stellungnahme oder Klagen. Es ist daher erforderlich, für Genehmigungsverfahren eine verwaltungsinterne Termin- und Projektsteuerung zu etablieren, die insbeson- dere klare Fristen für die Bearbeitung durch die Verwaltung festschreibt. Im Falle des Verzugs regen wir den Fortgang der Planung unter der Annahme der Genehmigung der vorangegangenen Planungsstufe an.

Es ist erforderlich, für Geneh- migungsverfahren eine ver- waltungsinterne Termin- und Projektsteuerung zu etablieren, die insbesondere klare Fristen für die Bearbeitung durch die Verwaltung festschreibt.

Mit einem Sondervermögen auch für die nicht-bundeseigenen Brücken, könnte Planung und Bau schneller erfolgen, da die Mittel bereits dem Zweck zugeordnet und sofort

verfügbar wären.

Verkürzte Planungsprozesse, Beschleunigungsvergütungen, modulare Bauweisen …

3.      Sondervermögen Rheinbrücken

Als hoch belastete Bestandteile der Infrastruktur im Rheinland sind die Rheinbrücken besonders systemrelevant. Mit einem Sondervermögen auch für die nicht-bundesei- genen Brücken, könnte Planung und Bau schneller erfolgen, da die Mittel bereits dem Zweck zugeordnet und sofort verfügbar wären. Damit verbunden wäre ein starkes politisches Commitment, um die Infrastruktur weiterhin instand zu halten und ggf. zu erneuern. Auch hier besteht sonst die Gefahr der Deindustrialisierung, denn es gibt derzeit in der Wirtschaft bereits Tendenzen aufgrund der teilweise maroden Infra- struktur und zu langwierigen Sanierungen oder Erneuerungen, den Wirtschaftsraum Rheinland bzw. sogar den Wirtschaftsstandort Deutschland zu verlassen.

4.      Verschlankungen und Standardisierung von gesetzlichen Auflagen

Jedes Bauprojekt – vor allem in der Größenordnung von Brückenbauwerken – ist ein- zigartig und hat komplexe Anforderungen hinsichtlich Planung und Bauausführung. Standardisierte Regelungen zur Vereinfachung von Planung, Genehmigung und Bau von Ersatzneubauten sollten, soweit dies möglich ist, in verbindlicher Form eingeführt werden. Stärkere Vereinheitlichungen und Standardisierungen der Verfahren haben positive Effekte auf die Einzelmaßnahmen und tragen dazu bei, den Investitionsstau schnell und nachhaltig aufzulösen.

Diese Verschlankungen (verkürzte Planungsprozesse, Beschleunigungsvergütungen, modulare Bauweisen, …) sollen insbesondere für neuralgische Brückenbauwerke realisiert werden. Unter die Kategorie der neuralgischen Bauwerke, fallen Brücken die unter anderem folgende Eigenschaften aufweisen,

  • Hohe Bedeutung im Netz / hohe Verbindungsfunktionsstufe gemäß RIN3
    • Große Anzahl von betroffenen Verkehrsteilnehmern
    • Keine geeigneten Alternativrouten verfügbar
    • Verkehrliche Bedeutung für Wirtschaftsverkehre und Pendlerinnen und Pendler

oder aber auf einem Netzabschnitt liegen, der für den Schwerlastverkehr eine über- regionale und hohe verkehrliche Bedeutung zur Sicherstellung der Versorgungs- und Handelswege darstellt.

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob nicht auch eine Standardisierung von Brückenbauwerken sinnvoll wäre. Muss jede Brücke ein Unikat sein? Es gab auch schon Typenentwürfe in den 90er Jahren nach der Wiedervereinigung, die sicherlich überarbeitet werden müssten, aber als Grundlage dienen könnten.

3  RIN = Richtlinie für integrierte Netzgestaltung

©IHK Düsseldorf/Andreas Wiese

5.      Personelle Voraussetzungen schaffen

Planungskapazitäten massiv aufbauen

Das Thema des Fachkräftemangels trifft auch den Planungsbereich. Vielerorts fehlt es an qualifizierten Fachplanerinnen und Fachplaner, so dass freie Stellen oftmals für längere Zeit unbesetzt bleiben und Vorgänge verlangsamt bearbeitet werden. Unternehmen aus der Privatwirtschaft und Arbeitgeber der öffentlichen Hand stehen hierbei miteinander im Wettbewerb um die besten Kräfte. Eine Kontinuität in der Belegschaft, als eine wichtige Voraussetzung für standardisierte und flüssige Verfahrensabläufe, wird hierdurch oftmals verhindert.

Hier ist es dringend erforderlich, die Zahl der Fachplanerinnen und Fachplaner zu er- höhen. Das Berufsfeld für „Bauingenieure in der Infrastrukturplanung der öffentlichen Hand“ (o. Ä.) muss im Rahmen einer Imagekampagne deutlich beworben werden. Die langfristig positiven Berufsaussichten sind hierbei hervorzuheben.

Insbesondere sollte hierbei die Ausbildungs- und Qualifizierungsförderung durch die öffentliche Hand selbst forciert werden. Durch zusätzliche Stellenangebote im

Bereich des Regierungsbaureferendariats des Straßenbauwesens könnten Kapazitäten geschaffen werden, um deutlich mehr Fachkräfte für die komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren auszubilden. Finanzielle und nichtfinanzielle Anreize zur Fachkräftegewinnung sind zu prüfen.

Der Austausch zwischen Hochschulen und Arbeitgebern soll weiter forciert und institutionalisiert werden. Hierzu ist die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie von Hochschulen und Arbeitgebern mit dem Ziel die Anzahl der dualen (Master-) Studien- plätze zu erhöhen, sinnvoll. Hierneben ermöglicht das enge Miteinander von Lehre und Praxis eine zielgerichtete, auf die tatsächlichen Anforderungen des Berufsbildes ausgerichtete Ausbildung der Studierenden.

Die Digitalisierung bietet große Potentiale zu Gunsten der Effizienzsteigerung. Neue Software und deren Weiterentwicklungen stellen aber auch die Anwenderinnen und Anwender vor steigende Herausforderungen. Durch kontinuierliche Fort- und Weiter- bildungsmöglichkeiten ist zu gewährleisten, dass die Anwenderinnen und Anwender sicher im Umgang sind und somit die Potentiale der Digitalisierung auch ausgeschöpft werden können.

Das Berufsfeld für „Bauingeni- eure in der Infrastrukturplanung der öffentlichen Hand“ (o. Ä.) muss im Rahmen einer Image- kampagne deutlich beworben werden.

Ein mögliches Modell wären die modularen Brückenbausysteme . Damit könnten Engpässe schnell beseitigt und Sperrzeiten durch einen hohen Vorfertigungsgrad deutlich reduziert werden.

Unter Gewährleistung aller sicherheitsrelevanten Aspekte ist daher das Ziel zu verfolgen, eine möglichst lange Lebensdauer al- ler Brückenbauwerke zu erzielen.

6.     Beschleunigung von Bauvorhaben

Neben der Standardisierung der Verfahrensabläufe ist auch die stärkere Standardisie- rung der Bauvorhaben selbst zu prüfen. Dies hat nicht nur eine Beschleunigung der Bauphasen zu Folge, sondern hat auch positive Effekte auf die Kostenentwicklung. Ein mögliches Modell wären die modularen Brückenbausysteme (u.a. in etwa für bauglei- che Brücken über Autobahnen, Bahnstrecken, o.ä.). Damit könnten Engpässe schnell beseitigt und Sperrzeiten durch einen hohen Vorfertigungsgrad deutlich reduziert werden. Die vorgefertigten Betonteile weisen durch die Herstellung in einem Fertig- teilwerk und der damit verbundenen Qualitätskontrolle eine höhere Qualität auf und verkürzen die Bauzeit eines Bauvorhabens deutlich. Zudem kann durch die Vorferti- gung Fachpersonal eingespart werden, was nicht nur die Bauvorhaben beschleunigt, sondern auch Kosten reduziert.

Hierbei gilt es, die Modellprojekte in standardisierte Prozesse fließen zu lassen und die Verfahren breit anzuwenden. Um diese Bauweisen in die Praxis zu überführen sind Nebenangebote zuzulassen und neben den Baukosten müssen auch die staubedingten Straßennutzkosten (volkswirtschaftliche Schäden bedingt durch verkehrliche Ein- schränkungen und mögliche Einsparung von CO2-Emissionen) berücksichtigt werden.

Darüber hinaus können durch die Implementierung von Bonus-Malus-Regelungen in Bauverträgen Anreize für eine schnelle Fertigstellung bei Bauunternehmen in der Region gesetzt werden.

7.      Erhöhung der Haltbarkeit vorhandener Infrastruktur

Die wesentliche Herausforderung im Bereich der Brückensanierung in den nächsten Jahren liegt darin, mit der enormen Anzahl an sanierungsbedürftigen Brücken umzu- gehen. Unter Gewährleistung aller sicherheitsrelevanten Aspekte ist daher das Ziel zu verfolgen, eine möglichst lange Lebensdauer aller Brückenbauwerke zu erzielen.

Unter diesem Aspekt sind verschiedene Ansätze zu verstehen, die alle eine längere Nutzungsdauer der Brücken zum Ziel haben. Somit soll erreicht werden, dass alle Brü- cken bis zur Sanierung bzw. Erneuerung unter Verkehr betrieben werden können, ohne dass eine (kurzfristige und unplanmäßige) Vollsperrung notwendig wird. Die jeweili- gen Maßnahmen können hierbei, je nach Zustand und Bedeutung der Brücke, immer repressiver werden; von der wissenschaftlichen Nachrechnung über die lastabhängige Verkehrslenkung bis hin zur intelligenten Durchsetzung von Überfahrtverboten ein- zelner Verkehrsarten und bieten sich insbesondere für Großbrücken mit einer hohen verkehrlichen Bedeutung an.

Nachrechnung von neuralgischen Brücken – Anwendung Nachrechnungsrichtlinie Stufe 4

Die Nachrechnungsrichtlinie4 beinhaltet ein vierstufiges Verfahren, wobei mit auf- steigender Nachrechnungsstufe sowohl die Genauigkeit der Berechnungsverfahren zunimmt als auch ein höherer Berechnungsaufwand entsteht (Hegger, 2022). Sollte die Zustandsbewertung einer Brücke dazu führen, dass eine unzureichende Note erzielt wird und eine kurzfristige Sperrung bevorsteht, muss für verkehrlich besonders bedeutsame Bauwerke eine tiefergehende Bewertung vorgenommen werden.

4  Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand (Nachrechnungsrichtlinie), BAST, 2011

Hierzu können Nachrechnungsverfahren der Stufe 4 der Nachrechnungsrichtlinie für Straßenbrücken im Bestand zur Anwendung kommen. Hierbei handelt es sich um

besondere wissenschaftliche Nachrechnungsverfahren, um genauere Abschätzungen der Restnutzungsdauer vornehmen zu können.

Lastabhängige Verkehrssteuerung zur Erhöhung der Nutzungsdauer

Viele Brückenbauwerke weisen aufgrund der gestiegenen Belastungen durch den Schwerlastverkehr eine verkürzte Lebens- bzw. Nutzungsdauer auf. Hier gilt es für besonders relevante Bauwerke, mit einer hohen verkehrlichen Bedeutung, frühzeitig Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer umzusetzen.

Es sollen Telematik-Systeme zum Einsatz kommen, die den Schwerlastverkehr belastungsabhängig steuern, ohne diesen abzuleiten. Zur Sicherstellung der Tragfä- higkeitsreserven werden proaktive Maßnahmen zur adaptiven Steuerung des Verkehrs genutzt, welche die Lasteinwirkung auf das Brückenbauwerk reduzieren. Ziel ist dabei die Aufrechterhaltung der Tragfähigkeitsreserven und damit die Verfügbarkeit der kritischen Infrastruktur unter Bewahrung des gesamten Verkehrs, ohne diesen umzu- leiten. Mögliche Steuerungen wären beispielsweise:

  • Vorgabe von Mindestabständen bei hohem Schwerverkehrs-Anteil
  • Lkw-Überholverbote auf dem Brückenbauwerk bei hoher Verkehrsbelastung oder Stau
  • Sperrung des rechten Fahrstreifens bei geringen Verkehrsbelastungen (z.B. nachts)

Innovative Überwachungskonzepte

Dynamische Verwiege-Einrichtungen, die in der Lage sind fahrende Fahrzeuge mit dy- namischen Achslasten exakt zu vermessen, sind nicht am Markt verfügbar. Im Ergebnis führt dies dazu, dass derzeit die „einfachere“ Variante der Anordnung von Durchfahrts- verboten für alle Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t angewen- det wird. Mit Ausblick auf die zu erwartenden Brückensanierungen wird es mit dieser Methode jedoch zu einer signifikanten Einschränkung der Mobilität des Personen- und Güterverkehrs (z.B. für Leerfahrten oder kleinere Fahrzeuge im Güterverkehr) kommen.

Um im fließenden Verkehr Durchfahrtsverbote für den Güterverkehr zu kontrollieren sind daher Messinstrumente zur dynamischen Erfassung von Achslasten zu entwi- ckeln. Somit wäre ein gezielter Einsatz von Durchfahrtsverboten, auch nach dem tatsächlichen Gesamtgewicht möglich, ohne dabei in den Verkehr einzugreifen.

Hier wären sowohl Systemhersteller von dynamischen Verwiegesensoren als auch Zulassungsbehörden (PTB – Physikalisch Technische Bundesanstalt und BMDV – Bundesministerium für Digitales und Verkehr) gefordert, einen kurzfristigen Einsatz in Deutschland zu ermöglichen.

Intelligente Umleitungskonzepte

Falls schon verkehrliche Beschränkungen für einzelne Fahrzeugklassen bestehen, sind diese so umzusetzen, dass die Auswirkungen für die verbleibenden Verkehrsteilneh- merinnen und Verkehrsteilnehmer minimiert und somit Stauzeiten vermieden werden.

Bei ersten Beschränkungen der Bauwerke (Ablastungen) müssen Systeme eingesetzt werden, um die Auswirkungen auf den fließenden Verkehr möglichst gering zu halten. Hier können intelligente Umleitungskonzepte, bestehend aus einem innovativen Be- schilderungskonzept sowie einem personalisierten Hinweis für Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer helfen. Diese werden über ihr Kfz-Kennzeichen durch Verkehrs- zeichen in LED-Technik angesprochen und zur Umfahrung aufgefordert. Zu beachten ist hierbei, dass den betroffenen Fahrzeugklassen auch eine konsistente Umleitungs- beschilderung angeboten wird. Aufgrund der hohen Befolgungsrate kann somit auf größere Eingriffe in den Verkehr verzichtet werden.

Es sollen Telematik-Systeme zum Einsatz kommen, die den Schwerlastverkehr belastungs- abhängig steuern, ohne diesen abzuleiten.

Um im fließenden Verkehr Durchfahrtsverbote für den Güterverkehr zu kontrollieren sind daher Messinstrumente zur dynamischen Erfassung von Achslasten zu entwickeln.

Bei ersten Beschränkungen der Bauwerke (Ablastungen) müssen Systeme eingesetzt werden, um die Auswirkungen auf den fließenden Verkehr möglichst gering zu halten.

8. Verkehrs- und Brücken- sanierungsmanagement

Der Brückensanierungs- und neubaubedarf ist groß, aber alle vorgeschädigten Brü- cken können nicht gleichzeitig saniert oder ersetzt werden. Um den Sanierungsstau zu beheben, ist ein abgestimmtes überregionales Verkehrs- und Brückensanierungsma- nagement notwendig.

Zur Vermeidung von massiven negativen Auswirkungen durch Brückensperrungen ist das derzeitige Brückenmanagement- system daher zu überdenken. Ein effektives Monitoring bzw. eine regelmäßige Überprüfung ist hierbei ein wichtiger Schritt, es kann aber nur den ersten Schritt darstellen.

Zur Vermeidung von massiven negativen Auswirkungen durch Brückensperrungen ist das derzeitige Brückenmanagementsystem daher zu überdenken. Ein effektives Mo- nitoring bzw. eine regelmäßige Überprüfung ist hierbei ein wichtiger Schritt, es kann aber nur den ersten Schritt darstellen. Bestandteil muss eine Priorisierungsstrategie der kurz- und mittelfristig sanierungsbedürftigen Brücken sein, sowie die Festlegung der hierzu erforderlichen Kriterien (z.B. Bedeutung im Netz, Einfluss auf Versorgungs- sicherheit, …). Zudem müssen die möglichen Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer von Brücken aufgenommen werden.

  • Priorisierungskonzept zur Festlegung von neuralgischen Bauwerken
  • Bereitstellung von umfassenden finanziellen Mitteln, um Maßnahmen direkt zu starten
  • Ausschöpfung der Möglichkeiten aus den Nachrechnungsverfahren
  • Verkürzung der Planungszeiten für neuralgische Bauwerken
  • Anwendung alternativer Ausschreibungs- und Vergabeverfahren (Bonus-Malus-Regelungen, Berücksichtigung von volkswirtschaftlichen Kosten bei der Vergabe, …)
  • Einsatz von modularen Bauweisen und vorgefertigten Bauteilen Anwendung von verkehrlichen Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer

(lastabhängige Verkehrssteuerung, intelligente Umleitungskonzepte, dynamische

Verwiegung, …)

Diese sind in einem Leitfaden mit weitergehenden Handlungsempfehlungen zusam- menzufassen und den verantwortlichen öffentlichen Verwaltungen bereit zu stellen. Diese Aufgabe kann von einer öffentlichen Einrichtung übernommen werden, mit überregionaler Zuständigkeit und Kompetenz in Abstimmung mit Landesstraßenbau- verwaltungen sowie der Autobahn GmbH. Diese Priorisierung bietet die Grundlage für ein Brückensanierungsmanagement, das festlegt, auf welcher Zeitachse Brücken sa- niert oder neugebaut werden. Dieses muss begleitet werden von einem überregionalen baulastträgerübergreifenden Verkehrsmanagement, das beispielsweise Umleitungs- und Ausweichkorridore und -achsen räumlich und zeitlich abstimmt und festlegt.

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