Stahlproduktion in Deutschland – ein Bestandteil unserer Daseinsvorsorge

Parteiübergreifende Initiative fordert klaren Kurs zur Sicherung der Stahlindustrie
Duisburg, 10. März 2025. Die Stahlindustrie in Duisburg ist von essenzieller Bedeutung für die industriellen Wertschöpfungsketten und die wirtschaftliche Resilienz Deutschlands sowie Europas. Dies unterstreicht das neu vorgestellte Strategiepapier „Stahlproduktion in Deutschland – ein Bestandteil unserer Daseinsvorsorge“.
In einem parteiübergreifenden Prozess, an dem Abgeordnete aus NRW (Sarah Philipp, MdL), dem Bundestag (Felix Banaszak, MdB) und dem Europäischen Parlament (Dennis Radtke, MdEP) beteiligt waren, entstand das Strategiepapier in enger Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Sören Link, und der IG Metall. Initiiert und moderiert wurde das Vorhaben durch die Duisburg Business & Innovation GmbH (DBI) sowie die Brost-Stiftung, die zukunftsweisende Kooperationsprojekte für das Ruhrgebiet unterstützt.
Die Autoren des Strategiepapiers adressieren die akuten Herausforderungen, denen sich die Stahlproduktion in Deutschland, insbesondere in Duisburg, gegenübersieht. Sie verstehen sich als Impulsgeber für die laufenden Debatten zur Industriepolitik und unterstreichen die Notwendigkeit, den Standort Duisburg auch in Zukunft als Schlüsselregion für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Stahlproduktion zu sichern.
Die Autoren benennen konkrete Handlungsfelder und schlagen nachhaltige, strategische Maßnahmen vor, um die Zukunft der Stahlindustrie zu sichern und ihre Rolle als Klimaschutz- sowie Innovationsmotor für Duisburg, Nordrhein-Westfalen, Deutschland und Europa zu stärken.
Das sind die Kernforderungen des Strategiepapiers:
Stahl bildet den essenziellen Werkstoff für Deutschlands Infrastruktur – von der Bahn und der Autoindustrie über Stromnetze und den Ausbau der Erneuerbaren bis hin zu Verteidigung und Sicherheit. Die Stahlproduktion in Duisburg ist hier von entscheidender Bedeutung und bildet einen Pfeiler der Daseinsvorsorge.
Mit einer Jahresproduktion von 2.000 Spezialstählen aus 13 Millionen Tonnen Rohstahl ist Duisburg der größte Stahlstandort Europas und trägt zur Sicherung von Zehntausenden direkten Arbeitsplätzen und einer sicheren Versorgung der metallverarbeitenden Industrie in Europa bei.
Die in Duisburg gefertigten Spezialstähle sind die Grundlage für Schlüsselbranchen wie den Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau sowie das Bau- und Verteidigungswesen und genießen weltweit hohe Anerkennung. Aber der zunehmende Importdruck aus Ländern mit Überkapazitäten, ungleiche Wettbewerbsbedingungen durch Stahl-Dumping sowie offene und verdeckte staatliche Beihilfen, beispielsweise in China, verstärken internationale Wettbewerbsnachteile und gefährden den Fortbestand der heimischen Stahlproduktion.
Die grüne Transformation zur Klimaneutralität in der Stahlindustrie ist sinnvoll und unumgänglich – jedoch ist sie nur dann erfolgreich, wenn CO₂-arme Stahlprodukte auch wettbewerbsfähig bleiben. Um eine weitere kritische Produktionsdrosselung der deutschen Stahlproduzenten zu vermeiden, sind jetzt konkrete Zwischenschritte und ein umfassendes Investitionspaket zur Unterstützung der Dekarbonisierung dringend erforderlich.
Das Strategiepapier identifiziert die drängendsten Herausforderungen:
- Ein wettbewerbsfähiger Energiemarkt: Temporär reduzierte Strompreise, die Deckelung der Netzentgelte und der Ausbau der Erneuerbaren Energien sind nötig, um die hohen Stahlproduktionskosten zu senken.
- Effektiver Handelsschutz: Der Ausbau des EU Steel Safeguard und eine stärkere Sanktionierung von Verstößen muss vollzogen werden, um die Industrie vor unfairem globalen Wettbewerb zu schützen.
- Förderung grüner Leitmärkte: Verbindliche Standards und ein klarer Pfad für CO2-arme Stahlprodukte und ein globaler Handel mit Wasserstoff müssen etabliert werden.
- Zielgerichtete Dekarbonisierung: Investitionen sollten auf erreichbare Ziele fokussieren, die eine maximale CO2-Reduzierung pro investiertem Euro ermöglichen.
- Stärkung regionaler Produktion: Der Erhalt und die Modernisierung heimischer Produktionskapazitäten sind essenziell, um Abhängigkeiten zu vermeiden.
Die Stimmen der Beteiligten:
Felix Banaszak, Bundestagsabgeordneter und Bundesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Wer will, dass unser Land ein Industrieland bleibt und gleichzeitig die Lebensgrundlagen für uns und unsere Kinder erhalten werden, der stärkt die Transformation der Industrie. Die Märkte der Zukunft sind klimaneutral. Damit ist klar: Entweder wir bauen um – oder die Industrie baut sich ab. Die Transformation zum grünen Stahl muss weitergehen, allein aus Gründen der Resilienz unseres Wirtschaftsstandortes. Das Papier zeigt das gemeinsame Anliegen der demokratischen Mitte, diese Ziele voranzutreiben. Es ist auch eine parteiübergreifende Aufforderung der Region an die Verhandlerinnen und Verhandler der sich bildenden Koalition, diese Ziele im Koalitionsvertrag zu verankern – im Interesse der Unternehmen, ihrer Beschäftigten und des Industriestandorts.“
Sarah Philipp, Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der SPD in NRW: „Eine aktive Industrie- und Standortpolitik muss in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit für Bund, Länder und Europa höchste Priorität haben. Das gilt gerade für die Stahlindustrie, die für die deutsche Wirtschaft besonders wichtig ist. Es geht um eine Schlüsselindustrie und die Sicherung von hunderttausenden Arbeitsplätzen. Das haben die vielen Industriebeschäftigten und ihre Familien verdient, die besorgt in eine ungewisse Zukunft blicken. Deshalb muss der Staat auch bereit sein, die Stahlbranche temporär zu stützen – notfalls auch mit einer Staatsbeteiligung.“
Dennis Radtke, Europaabgeordneter (CDU) und Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA): „Die Zukunft der deutschen Stahlindustrie muss eines der Top-Themen für die neue Bundesregierung sein. Wir müssen verlässlich runter mit den Energiekosten, wir brauchen Offenheit bei der Farbenlehre mit Blick auf den Umbau Richtung Wasserstoff und wir brauchen eine klare Haltung der Bundesregierung mit Blick auf Brüssel. Handelsschutzinstrumente müssen dort endlich auf die Tagesordnung gesetzt werden.“
Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg: „Die geopolitische Lage verändert sich im Rekordtempo. Globale Handelsströme geraten ins Stocken, willkürliche Zölle machen Importe von heute auf morgen nahezu unerschwinglich. Der Erhalt und die Modernisierung unserer heimischen Stahlproduktion ist deshalb von extrem großer Bedeutung – für die Menschen, die hier arbeiten, für Ihre Familien, aber auch für die Sicherheit Deutschlands und Europas. In Duisburg schlägt das Herz der Stahlindustrie und wir müssen gemeinsam alles dafür tun, dass das auf Jahre hinweg so bleibt.“
Karsten Kaus, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Duisburg-Dinslaken: „Wer nicht an grünen Stahl glaubt, befördert das Ende der Stahlindustrie in Deutschland. Wir brauchen eine faire Handels- und Industriepolitik und keine Debatte über die Schließung von Stahlwerken oder die Einstellung der Förderung zur CO2-Reduktion der deutschen Stahlindustrie.“
Prof. Dr. Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der DBI: „Das Strategiepapier ist ein Weckruf: Wir brauchen dringend industrielle Resilienz – und das geht nicht ohne eine starke Stahlindustrie. Duisburg steht exemplarisch für den Erhalt industrieller Kernkompetenzen in Europa. Es geht darum, jetzt handlungs- und widerstandsfähig zu werden. Dies kann nur gelingen, wenn Wirtschaft und Politik an einem Strang und dabei in die gleiche Richtung ziehen, um Europas größten Stahlstandort zu sichern. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Brost-Stiftung dieses Strategiepapier initiiert und die daran Beteiligten dafür gewinnen können, sich parteiübergreifend als ein starker gemeinsamer Absender für den Stahlstandort Duisburg einzusetzen.“Das Strategiepapier steht hier zum Download bereit: www.duisburg-business.de