Krankschreibung digital – die eAU komm
Krankschreibung digital – die eAU kommt
Wissenswertes rund um virtuelle Arztbesuche und den digitalen „gelben Schein“ lieferte die Premiere von „Arbeitsrecht für die Praxis“. Dazu luden Unternehmerverband und IHK am vergangenen Donnerstag Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte aus dem Kreis Borken ein.
Sich telefonisch bei der Hausarztpraxis krankschreiben lassen, den gelben Schein online bestellen, medizinische Video-Sprechstunden wahrnehmen oder bald digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, kurz: eAU, übermitteln: Die Digitalisierung ist im Gesundheitsbereich angekommen und bringt Herausforderungen für das Arbeitsverhältnis mit sich. Die wichtigsten Fragen dazu wurden nun bei „Arbeitsrecht für die Praxis“ beantwortet. Zu diesem neuen, kompakten und kostenfreien Format luden die IHK Nord Westfalen und der Unternehmerverband am vergangenen Donnerstag Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte nach Bocholt ein. Die Organisatoren Sven Wolf, IHK-Standortleiter Westmünsterland, und Jennifer Middelkamp, Regionalgeschäftsführung Unternehmerverband, versprachen: „Die Reihe mit Wissenswertem und Aktuellem aus dem Arbeitsrecht wird 2023 fortgesetzt.“
Bei der Premiere referierte RA Erhan Köse, Syndikusrechtsanwalt beim Unternehmerverband. Zunächst ging es um die neuen Untersuchungswege für Krankschreibungen und ihre Beweiskraft. „Es gibt Webseiten, auf denen man gegen eine Gebühr von 20 oder 30 Euro Online-AU sozusagen bestellen kann.“ Hier gäbe es inzwischen ein Urteil, dass der üblicherweise angenommene hohe Beweiswert eines „gelben Scheins“ nicht vorliege, so der Rechtsanwalt. Anders sieht es bei virtuellen Untersuchungen z. B. mittels Videosprechstunde aus: Diese ist der Live-Untersuchung beim Hausarzt gleichgestellt. Köse berichtete: „In der Betriebspraxis zeigt sich aber, dass es nicht sonderlich vertrauenserweckend wirkt, wenn das Attest ein Arzt z. B. aus München oder aus einer ungewöhnlichen Fachrichtung ausstellt“. Wie Arbeitgeber mit diesen neuen Diagnosewegen umgehen können, erläuterte Köse ebenso wie die in der Pandemie eingeführte telefonische Krankschreibung.
Von den digitalen Untersuchungswegen abzugrenzen ist die „eAU“: Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird voraussichtlich am 1. Januar 2023 in Deutschland eingeführt. „Hier werden die bisher bekannten Pflichten auf den Kopf gestellt“, schaute der Rechtsanwalt voraus. Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer müssen dann selbst keine AU mehr beim Arbeitgeber vorlegen, sondern haben fortan eine Feststellungspflicht. D. h. sie müssen sich beim Arzt untersuchen lassen, der wiederum im Fall einer Krankschreibung die AU digital an die Krankenkasse sendet. Die Arbeitgeber ihrerseits müssen nach der Benachrichtigung durch den Arbeitnehmer selbst dafür sorgen, die eAU bei der Krankenkasse abzurufen. „Ein Knackpunkt dabei ist, dass die eAU nach aktuellem Stand den behandelnden Arzt nicht aufführt“, so Köse. Bei berechtigten Zweifeln an der Krankheit eines Arbeitnehmers habe der Arbeitgeber so kaum Handhabe; gerichtliche Entscheidungen zu diesem Komplex seien zu erwarten, so Köse.
Bildunterschriften:
Zur Premiere von „Arbeitsrecht für die Praxis“ mit RA Erhan Köse (1.v.l.), Syndikusrechtsanwalt beim Unternehmerverband, luden (von rechts) Sven Wolf von der IHK sowie Jennifer Middelkamp und Martin Jonetzko vom Unternehmerverband ein. (Foto: Unternehmerverband)