Moers

Dr. Bernd Riekemann: „Der pflegerischen Versorgung droht in diesem Jahr der Kollaps“

„Dem Pflegenotstand entgegentreten“ – ungewöhnliche Demo an der Auffahrt Moers-Zentrum zur A40 erregte Aufmerksamkeit – AWO KV Wesel war dabei

Moers. Ein Pflegebett vor der Auffahrt der A40 Moers-Zentrum, zahlreiche Menschen in gelben Warnwesten? Plakate, Banner? Was ist denn hier los? Das nicht ganz alltägliche Bild an der Auffahrt hat einen ernsten Hintergrund. Unter dem Motto „Dem Pflegenotstand entgegentreten“ veranstaltete die ver.di Betriebsgruppe SZ Schwafheim an dieser Stelle heute eine Aktion, bei der es um die Forderung einer grundlegenden Reform der Pflegeversicherung geht. Der AWO-Kreisverband Wesel war mit zahlreichen Teilnehmer*innen, darunter auch Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen der AWO Seniorenzentren, trotz des starken Regens vertreten. Auch der WDR war vor Ort, um über die ungewöhnliche Demo zu berichten. Der Beitrag soll heute Abend in der Lokalzeit Duisburg ausgestrahlt werden.

„Angesichts der von den Krankenkassen für 2025 angekündigten Erhöhung der Pflegebeiträge fordern wir, noch in dieser Legislaturperiode eine Reform der sozialen Pflegeversicherung auf den Weg zu bringen. Die Probleme der Pflegeversicherung sind seit Jahren bekannt. Eine Lösung darf nicht weiter aufgeschoben werden. Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen erwarten zu Recht, dass dieses existenzielle Risiko endlich ausreichend abgesichert wird“, so Hajo Schneider, Sprecher der ver.di Betriebsgruppe Schwafheim. Darüber hinaus müsse die Pflegeversicherung dauerhaft auf eine solide Basis gestellt werden. Gefordert wird eine solidarische Pflegegarantie, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt und in die alle entsprechend ihres Einkommens einzahlen. Weiter abzuwarten sei keine verantwortbare Option, die Bundesregierung müsse jetzt handeln.

Ganz konkret heißt das: Gefordert wird eine Reform der sozialen Pflegeversicherung noch in dieser Legislaturperiode. Die Landesregierung sollte endlich einen Rettungsschirm Altenpflege auflegen, um weitere Insolvenzen zu vermeiden. Zudem sollen die Ausbildungs-, und Arbeitsbindungen verbessert werden. Der Weg der „Tariflohnpflicht“ in der Altenpflege soll beendet und eine Tarifvertragsverbindung hergestellt werden.

Dr. Bernd Riekemann, Vorstandsmitglied beim AWO Kreisverband Wesel, sieht das ähnlich: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem in der Pflege. Dies bestätigte jüngst auch der aktuelle DAK-Pflegereport 2024. Eine grundlegende Struktur und Finanzreform der Pflegeversicherung lässt sich nicht weiter hinauszögern. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt weiter und überschreitet früher als erwartet die 5-Millionen-Grenze. Neue Pflegeangebote werden dringend benötigt, demgegenüber stehen über 800 Pflegeheime und ambulante Dienste, die 2023 Insolvenz anmelden oder schließen mussten. Und das Heimatsterben geht weiter, egal ob familiengeführtes Pflegeheim, kirchliche Sozialstation oder leistungsstarkes Pflegeunternehmen. Der pflegerischen Versorgung droht in diesem Jahr der Kollaps. Leidtragende sind die Pflegebedürftigen .“ NRW sei das drittteuerste Land bezogen auf die Höhe der Eigenanteile in Senioreneinrichtungen. Durchschnittlich ca. 2900 Euro müsse ein Pflegebedürftiger als Eigenanteil hier bezahlen und das bei einer Durchschnittsrente von 1550 Euro brutto. „Wer soll das finanzieren?“,  so Riekemann besorgt.  Es fehle ganz klar der politische Wille, die Pflegeversicherung durch grundlegende Reformen, unter anderem mit Blick auf den demografischen Wandel, zukunftsfest zu machen. Pflegebedürftigkeit würde für immer mehr Menschen zum Armutsrisiko. Die AWO fordere daher, dass sich der Gesetzgeber nicht länger vor seiner Verantwortung drückt und die Pflegeversicherung, und damit auch die Finanzierung von Pflege, endlich nachhaltig reformiert.

Bildunterschriften:

Pflegenotstand Demo: Ein Pflegebett vor der A40-Auffahrt erregte große Aufmerksamkeit. Vorsichtig fuhren die Autofahrer um die Demoteilnehmer*innen herum.

Pflegenotstand Demo-1: Trotz des miesen Wetters waren einige Teilnehmer*innen der AWO dabei.

Fotos: AWO

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