Das Ende einer langen Ära
Moers. (LB NRW) Einer der buchstäblich tiefschürfendsten Aspekte des Lebens an Rhein und Ruhr war über lange, lange Jahrzehnte hinweg die Steinkohle. Das Einfahren in den Stollen prägte den Rhythmus der Menschen, ob sie nun unter Tage oder darüber arbeiteten. Nicht nur die Einheimischen aus der Region waren dabei, sondern – so wie es sicher schien – aus aller Herren Länder kamen Arbeitssuchende, die sich den Grubenhelm aufsetzten oder bei der Stahlverarbeitung oder am Fließband arbeiteten.
Das Ende des Bergbaus kam schleppend, als in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts die Zechen nach und nach schlossen, die Arbeiter von einer zur anderen wanderten. Im heutigen Industriedenkmal Rheinhausen wurde zum Beispiel der Betrieb in Schacht IV bereits 1962 eingestellt. An anderer Stelle wurde noch Jahrzehnte länger gefördert, aber das Ende war schon damals gewiss.
Nun wird der offizielle, feierliche Schlussstrich unter den einstmaligen Herzschlag der Region gezogen. Das letzte aus den Schächten geförderte Stück Kohle wird am 21. Dezember dem Bundespräsidenten, Frank-Walter Steinmeier, übergeben. Doch vor dem allerletzten Fördergut gibt es mehr als genug Anlass, in der Region selbst einen Blick zurückzuwerfen, so wie bei dem Festakt, zu dem die Stadt Moers und der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV) gemeinsam mit der RAG AG eingeladen haben. In der Maschinenhalle des bereits erwähnten Schachts IV wurde ein Festakt zum Abschied der Steinkohle abgehalten.
Mit viel nostalgischem Schwermut wurde der Bergarbeiter gedacht, untermalt von dem Knappenchor Rheinland und mit einer Schau angemessener Uniformen. Die Geschichte des Bergbaus stellten Wilfried Scholten und Karl-Heinz Stensmann vor, während das Schlosstheater Moers ebenfalls einen Beitrag zur Erinnerung an die Steinkohle lieferte. Obgleich ein großes Büffet auch die kulinarische Versorgung sicherstellte, so kam keine durchweg freudige Stimmung auf. Zu sehr erkannten die Anwesenden, am Ende einer prägenden Zeit zu stehen. Andererseits, so stellte Bürgermeister Christoph Fleischhauer fest, sei es auch den Bergleuten zu verdanken, dass Moers so eine weltoffene Stadt sei.
Viel hat sich nun einmal getan, seit dem langsamen Einstellen des Bergbaus – der durchgreifende Strukturwandel hat auch vor Moers kein Halt gemacht. Wie in der gesamten Region haben zumeist Büroarbeitsplätze das Schuften unter Tage ersetzt. Dennoch, so betont Fleischhauer, kam der Rückenwind der Integration aus den Zechenschächten. GMBV-Vorsitzender Peter Boschheidgens pflichtete ihm bei und erwähnte den vorbildlichen Zusammenhalt der Bergarbeiter.
Das aber auch prägte wohl den verbleibenden Eindruck der Veranstaltung. Einerseits nostalgischer Wehmut, andererseits aber auch das Wissen, auf welch breiter und solider Grundlage die gesamte Region am linken Niederrhein fußt. Mit eben dem traditionellen Zusammenhalt des „Potts“ kann man sich auch den neuen Herausforderungen stellen und diese meistern.
Fotos: Lokale Blicke NRW
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