Moers

„Ben war neugierig auf die Welt“

„Ben war neugierig auf die Welt“

Baby Ben kam mit 980 Gramm knapp elf Wochen zu früh auf die Welt. Nach etwa 60 Tagen im Krankenhaus Bethanien konnten die Eltern Jennifer und Malte ihren Sohn gesund mit nach Hause nehmen. In der Zwischenzeit heiratete das Paar.

980 Gramm – weniger als ein supermarktübliches Päckchen Zucker. So viel wog der kleine Ben Rachul als er am 14. Juli um 20:39 Uhr mit gerademal 35 Zentimetern Körperlänge im Krankenhaus Bethanien das Licht der Welt erblickte. Baby Ben kam bereits in der 29. Schwangerschaftswoche, Geburtstag und zuvor errechnetes Geburtsdatum liegen knapp elf Wochen auseinander. Aufgrund seines Gewichtes unter 1.000 Gramm gilt er als extreme Frühgeburt. Das bedeutet, bei Ben ist alles nochmal kleiner als bei Babys, die mit mehr Gewicht geboren werden: Das Köpfchen misste bei der Geburt gerade mal knapp 27 Zentimeter, Finger und Zehen sind winzig, sein Körper füllt nicht mal den kleinsten Strampler aus. Dass seine Eltern Jennifer und Malte Rachul aus Duisburg-Rheinhausen ihren Sohn nach rund 60 Tagen Krankenhausaufenthalt gesund mit nach Hause nehmen können, verdanken sie insbesondere dem Team der Frühgeborenenintensivstation der Kinderklinik Bethanien. Es versorgte den kleinen Jungen in den letzten zwei Monaten mit allem, was er nach seiner viel zu frühen Geburt benötigte.

Bens Start ins Leben war holprig: Als Mutter Jennifer an dem Donnerstag alleine zu Hause war, plagten sie Unterleibsschmerzen, die womöglich einsetzende Wehen auslösten. Ihr Verlobter Malte befand sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Dong-Open-Air-Festival auf der Halde Norddeutschland in Neukirchen-Vluyn. Jennifer Rachul nahm sich vor, einen kühlen Kopf zu bewahren und ruhte sich eine Weile auf der Couch aus. Vielleicht würden die Schmerzen nach einem kurzen Schlaf wieder nachlassen, dachte sich die 33-Jährige. Das Gegenteil war der Fall: Als sie aufwachte, waren die Schmerzen noch stärker. Sie rief ihre Mutter an, die sie zu ihrer Ärztin fahren sollte. Vor der Abfahrt wollte die Schwangere noch schnell unter die Dusche. Dann platzte die Fruchtblase. Sie duschte sich noch schnell ab und ließ sich anschließend von ihrer Mutter direkt ins Duisburger Johanniter-Krankenhaus fahren. Von dort aus brachte sie ein Krankenwagen mit Blaulicht ins Bethanien. Ben hatte sich inzwischen gefährlich weit auf den Weg gemacht. 

In der Zwischenzeit versuchte die Mutter von Jennifer Rachul Vater Malte vergeblich auf dem Festival zu erreichen. Sein Bruder schaffte es schließlich und gab ihm die Nachricht von der unmittelbar bevorstehenden Geburt seines Sohnes weiter. Sofort machte sich Malte Rachul auf den Weg und hatte großes Glück: Der Shuttlebusfahrer des Festivals fuhr den werdenden Vater direkt zum Moerser Krankenhaus. Bei seiner Verlobten Jennifer im Kreißsaal ging alles sehr schnell: Die Geburt ließ sich nicht mehr verzögern, für die Gabe der sogenannten Lungenreifungsbehandlung war keine Zeit. Das geburtshilfliche Team holte Ben auf natürlichem Wege, auf der Frühgeborenenintensivstation wurde er anschließend weiterversorgt. Dort bekam Ben Atemunterstützung durch eine kleine Sauerstoffmaske, einen zentralen Venenkatheter, eine Magensonde zur Ernährung sowie Medikamente zum Offenhalten der Lunge und solche gegen eine Infektion. Als Vater Malte im Krankenhaus ankam, war Ben bereits geboren. Mutter Jennifer lag noch im Kreißsaal zur frauenärztlichen Kontrolle.

Am späten Abend, gegen halb zwölf, kam die Mutter zu ihrem Verlobten und ihrem Baby auf die Frühchenintensivstation. Sie kann sich noch gut an den Moment erinnern, als sie ihr Baby zum ersten Mal, angeschlossen an Überwachungsgeräte, im Brutkasten sah: „Es war schrecklich, ihn an den vielen Schläuchen zu sehen“, sagt sie. Das Team der Frühgeborenenintensivstation erklärte der Mutter, wie es ihrem Sohn geht, wie die bisherige medizinische Versorgung ablief und wie es weitergehen würde. Zur großen Freude beider Eltern und des gesamten Teams entwickelte sich Ben in den nächsten Wochen gut, nahm ausreichend Nahrung auf und legte an Gewicht zu. „Er hatte sich unter den notwendigen intensivmedizinischen Maßnahmen stabilisiert und ist dann in die Wachstumsphase übergegangen“, berichtet der Leitende Oberarzt der Kinderklinik Dr. Gündüz Selcan.

Die Geschichte um Bens Geburt hat ein zusätzliches Kapitel: Etwa eine Woche vor seiner Entlassung aus dem Krankenhaus haben sich Jennifer und Malte Rachul im Duisburg-Rheinhausener Standesamt das Ja-Wort gegeben. Eigentlich rechnete die Braut fest damit, dass sie mit Babybauch vor den Altar treten würde, der kleine Ben hatte aber einen anderen Plan für seine Eltern. „Ben war neugierig auf die Welt“, sagt Mutter Jennifer und fügt hinzu: „Ich habe das alles erst zwei bis drei Wochen später realisiert.“ Noch am Tag ihrer Hochzeit besuchte das Brautpaar seinen Sohn Ben im Krankenhaus. Vor wenigen Tagen konnten die Eltern ihren kleinen Jungen gesund mit nach Hause nehmen, wo Großeltern, Onkel und Tanten bereits sehnsüchtig auf das neue Familienmitglied warteten. An den 14. Juli dieses Jahres werden nicht nur Jennifer und Malte Rachul noch lange denken, auch das Team der Frühgeborenenintensivstation wird diesen Tag nicht so schnell vergessen – der Tag, an dem der kleine Ben Rachul auf die Welt kam.

INFO

Perinatalzentrum Level 1 – Die Frühgeborenenmedizin im Krankenhaus Bethanien ist als Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe (Level 1) ausgewiesen, das auch Frühgeburten unter 1.250 Gramm begleiten darf. Im Perinatalzentrum arbeitet ein interdisziplinäres Team unter anderem aus Geburtshelfer:innen und Kinderärzt:innen eng zusammen.

Bildzeile:

Die glücklichen Eltern Jennifer und Malte Rachul aus Duisburg-Rheinhausen mit ihrem Sohn Ben (Mitte) verabschiedeten sich am Freitag (9.9.) vom Team der Frühgeborenenintensivstation um den Leitenden Oberarzt Dr. Gündüz Selcan (li.). (Foto: Stiftung Bethanien Moers)

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