Sie stiften Identität und Gemeinschaft – vier Neuzugänge beim Immateriellen Kulturerbe
Kultur-Staatssekretärin Türkeli-Dehnert: Traditionen und Bräuche lebendig halten und sichtbar machen
Vier Traditionen und Bräuche zählen jetzt offiziell zum Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes von Nordrhein-Westfalen. Gonca Türkeli-Dehnert, Staatssekretärin im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, überreichte am Donnerstag im Düsseldorfer Haus der Stiftungen Vertreterinnen und Vertretern der neu aufgenommenen Traditionen und Bräuche die Urkunden. Der Belecker Sturmtag, die klassische deutsche Reitlehre, die Vermittlung des wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbilds in Planetarien und der Zirkus sind neu im Landesinventar.
Staatssekretärin Türkeli-Dehnert: „Zahlreiche, oft alltägliche Dinge, Gewohnheiten, Traditionen und Bräuche prägen das kulturelle Erbe Nordrhein-Westfalens. Sie sind identitätsstiftend und schaffen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Wir wollen diese Traditionen und Bräuche lebendig halten und sichtbar machen. Die Aufnahme ins Landesinventar ist ein Zeichen unserer großen Wertschätzung dieser Bräuche und Traditionen.“
Prof. Dr. Eva-Maria Seng, Sprecherin der Landesjury für das Immaterielle Kulturerbe: „In diesem Jahr wurde in Nordrhein-Westfalen erstmals auch ein Gute-Praxis-Beispiel in das Landesinventar eingeschrieben. Die Tätigkeit der Planetarien ist von größter Bedeutung für die Weitergabe von Wissen um die Natur und das Universum an Kinder, Jugendliche und Erwachsene und regt dazu an, Fragen der Nachhaltigkeit und der Endlichkeit von Ressourcen zu reflektieren. Durch ihre Effektivität und Übertragbarkeit auf andere Kulturerbebereiche außerhalb der Astronomie stellt die Praxis ein Modellprogramm der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes dar, das zum Nachahmen anregen soll.“
Hintergrund ist die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes von 2003, dem die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 beigetreten ist. Infolgedessen hat der Staat die Aufgabe, Verzeichnisse des Immateriellen Kulturerbes auf seinem Gebiet zu erstellen. Das nächste Bewerbungsverfahren beginnt voraussichtlich im Frühjahr 2023. Weitere Informationen finden Sie hier.
Die Neuaufnahmen im Auswahlverfahren 2021–23 in das Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes in Nordrhein-Westfalen sind:
Belecker Sturmtag
Der „Belecker Sturmtag“ inszeniert die Verteidigung der Stadt Belecke in der Soester Fehde von 1448. Zum Brauch gehören Böllerschüsse, ein Festumzug und eine Feier für alle Generationen, Alteingesessene, Zugezogene und Gäste. Anliegen sind die Vermittlung eines zeitgemäßen Geschichtsbewusstseins, die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Zusammenhalts und die Mahnung zu Frieden und Gewaltfreiheit.
Die klassische deutsche Reitlehre
Die klassische deutsche Reitlehre ist eine schonende Ausbildungsmethode von Pferden und Reiterinnen und Reitern mit mündlich und schriftlich überlieferten und bewährten Grundsätzen, eigener Fachsprache und klaren Regeln. Sie zielt auf ein harmonisches Zusammenspiel von Tier und Mensch und ein daraus entstehendes Gefühl von Natur-Faszination und Reit-Glück ab. Gewaltfreiheit gegenüber Tier und Mensch in der Ausbildung ist oberstes Gebot und Selbstverständlichkeit.
Vermittlung des wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbilds in Planetarien
Planetarien sind Orte der Bildung, wo Wissen im Bereich der Astronomie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und weitergeben wird. Sie vermitteln Verständnis für die Naturphänomene am Himmel, für deren Wahrnehmung durch die Menschen im Wandel der Geschichte, für den Aufbau des Universums und den Planeten Erde. Neben Fakten transportieren sie auch Staunen, Wundern, Ehrfurcht und Faszination. Der Besuch von Planetarien kann dazu anregen, selbst aktiv zu werden, und sich in der Freizeit mit Astronomie zu beschäftigen. Die Eintragung in das Landesinventar erfolgt als Gute-Praxis-Beispiel der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes. Das bedeutet, dass die Tätigkeit der Planetarien als Modell für Erhaltungsmaßnahmen dienen kann.
Zirkus
Der Zirkus ist eine eigenständige Form der darstellenden Künste, die eine Vielzahl von Kunstformen und Disziplinen verbindet: Theater, Musik, Athletik, Medien und Technik. Kritisch reflektiert werden sollen im Zuge der Aufnahme in das Landesinventar die Geschichte des Zirkus’ hinsichtlich kolonialer Aspekte sowie die Tier-Mensch-Beziehung. Die Einhaltung der geltenden Tierschutzgesetze ist Voraussetzung für die Bezeichnung als Immaterielles Kulturerbe.
Foto: Land NRW / Ralph Sondermann